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Das menschliche Gesicht gilt einerseits als subtiler, „schwacher Code“, das sich im Alltag den Deutungen der menschlichen Wahrnehmung immer wieder zu entziehen scheint. Andererseits wird gerade in Medien wie dem Film das Gesicht strategische eingesetzt, um unterschwellig Botschaften zu vermitteln. Die Bild-Werdung des Menschen hat, wie diese Arbeit zeigt, nicht erst mit dem Aufkommen von Diktaturen seine „Unschuld“ verloren. Aber erst im Modus seiner Lesbarmachung, als still gestelltes Bild wie es in Form der Großaufnahme im Film zur Geltung kommt, kann es als scheinbare Evidenz seine manipulierende Funktion einnehmen.
Ob in Deutschland, Italien oder Russland – alle diese Diktaturen wollen sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Arbeiterschaft versichern, um ihre ideologischen Ziele zu verwirklichen. Das kulturell und symbolisch vorgeprägte Gesicht, muss daher für die Propaganda umcodiert werden. Dem immer noch weit verbreiteten Verdikt der „Gleichschaltung“ wird jedoch in diesem Buch differenziert gegenübergetreten: Die Möglichkeiten des Gesichts, es für unterschiedlichen historischen Konstellationen und Herausforderungen anzupassen und zu instrumentalisieren, machen es zu einem facettenreichen Medium für rhetorische Strategien.
Vorwort.- Teil I: Kulturgeschichte: Medien-Gesichter der Physiognomik: Einleitung: Kulturelle Standortbestimmung des Gesichts.- Die Etablierung des physiognomischen Blicks: Sagen und Sehen.- Prekäre Flächen, sichtbare Typen.- Teil II: Bildfragen: Einleitung: Bild-Gesicht und Gesichts-Bild.- Gesichter als Leinwand.- Fläche.- Rahmung.- Das mediale Dispositiv der Großaufnahme.- Die Vortäuschung stabiler Tatsachen.- Die blitzhafte Emergenz des Gesichts.- Teil III: Pragmatik: Das Gesicht als Bild im Film: Russischer Revolutionsfilm, faschistisches Italien und „Drittes Reich“.- „Neue“ Zeitrechnung, „neues“ Köperbild: Das Gesicht im „Dritten Reich“.- Der „Stein der Stereotypie“ und die Konjunktur des Typus.- Naturbeherrschung und Arbeit.- Visuelle Aussöhnungsrhetorik: Arbeiter der Hand, Arbeiter der Stirn.- Exkurs: Vergesichtlichung durch Hände im Kultur- und Spielfilm.- Exkurs II: Spielfilm: Das fehlende Stargesicht: Zur Semantik von Paula Wesselys Händen.- Es „spricht“ das stumme Gesicht.- Negation von Bewegung.- Das apokalyptische Begehren des Gesichts.- 10. Zum Einfluss des italienischen Faschismus und frühen sowjetischen Revolutionsfilms (Sergej Eisensteins) auf die Konstruktion des Arbeitergesichts im „Dritten Reich“.- Zusammenfassung:die Paradoxien des Gesichts im Film.
Prof. Dr. Frank Thomas Meyer hat an der Universität Siegen Medienwissenschaften studiert und 2005 mit einer Arbeit zu Strategien der Selbstreflexion im Dokumentarfilm promoviert. Von 2005 bis 2007 war Thomas Meyer wissenschaftlicher Mitarbeiter im DFG geförderten Projekt "Gesichter im Film" an der Universität Köln. Bereichert durch jahrelange und intensive Forschung im Bereich Filmstragien und Bildanalyse, die in dieses aussergewöhnliche Buch münden, taucht der Autor parallel in Unternehmenswelt(en) ein und lehrt heute u.a. zu Leadership, KI und organisationaler Resilienz an der MD.H Düsseldorf.
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